Interview mit IM Christian Braun

Interview mit Christian Braun zum IM-Titel

(30.Mai 2012)

Zum ersten Mal wird ein Spieler, der seine schachlichen Wurzeln beim Schachverein Herzogenrath hat, Internationaler Meister. Beim ENCI Limburg Open belegte Christian Braun mit 5 Punkten den 8. Platz und überschritt damit die 2400er-Elomarke. Da er mehr als genug Normen erfüllt hat, steht seiner Ernennung zum IM durch die FIDE nichts mehr im Wege. Aus diesem Anlaß gab mir Christian ein kleines Interview.


Klaus: Herzlichen Glückwunsch zur Vollendung des IM-Titels. Möchtest Du mir ein paar Fragen beantworten?

Christian: Gerne. Vielen lieben Dank für die Glückwünsche. Ich bin sehr glücklich darüber, dass es endlich mit dem IM-Titel geklappt hat und möchte mich natürlich für meine schöne und erfolgreiche Zeit im Herzogenrather Schachverein herzlich bedanken. Vielleicht könnte es ja mal eine Simultanveranstaltung zur Feier des Titels geben. Besonders möchte ich mich auch noch bei Dr. Hans-Jürgen Weyer bedanken, der mich die ganzen Jahre mit auf Turniere genommen und mich schachlich in höchstem Maße unterstützt hat. Diese "Begegnung" war damals auch ein sehr wichtiger Bestandteil für meine schachliche Entwicklung!


K: Im Jahr 1997, im Alter von 10 Jahren, kamst Du zusammen mit Deinem Vater zum Schachverein Herzogenrath. Was hast Du für Erinnerungen an die erste Zeit im Verein? Wie lief das Kinder- und Jugendtraining ab?

C: Die erste Erinnerung, die ich habe, ist die, dass ich im Mai 1997 einen Autounfall (auf dem Weg zum Schachtraining) hatte, der mich 5 Wochen lang im Krankenhaus festhielt. Dadurch hatte ich Zeit, mich intensiv mit Schach zu beschäftigen und es zu lernen. Beim ersten Mal, als ich den Verein besucht habe, sind dort die Jugendstadtmeisterschaften ausgetragen worden. Das war für mich alles sehr aufregend und neu, mal eine solche Turnieratmosphäre kennenzulernen. Ich hätte damals sehr gerne mitgespielt, aber leider lief bereits die dritte Runde. Das Jugendtraining leiteten damals Lothar Götting und Andreas Mertens, die ihre Arbeit meiner Meinung nach hervorragend gemacht haben. Das gute Jugendtraining damals ist mir in sehr guter Erinnerung geblieben und davon habe ich definitiv profitiert. Ich habe mich direkt im Verein wohlgefühlt. Eine besonders schöne Zeit war die erste Saison, in der ich mit meinem Vater zusammen in der letzten Mannschaft gespielt habe.


K: Wann wurde Dir erstmals bewußt, daß Du etwas mehr Talent für das Spiel hast als Deine Trainingspartner?

C: Talent ist eine wichtige Sache im Schach. Ich habe zuerst einmal direkt erkannt, dass mir das Schachspielen an sich eine Menge Spaß bereitet, auch Wettkämpfe waren meine Leidenschaft. Ich bin immer sehr ehrgeizig gewesen, wollte gerne besser als andere sein, habe mich aber ebenso gefreut, wenn meine Trainingspartner "mitgezogen" sind. Ich denke, dass ich vielleicht nicht sofort bei mir von Talent gesprochen habe, eher wäre bei mir der Satz gefallen: "Ich habe ein Herz für das Schachspielen". Ich war mit ganzem Herzen bei der Sache und hatte einen gesunden Ehrgeiz. Ich denke, vor allem diese Eigenschaften haben mir geholfen, mich im Schach besonders zu engagieren und kontinuierlich zu verbessern. Talent hatten sehr viele bei uns, Mekki und Claus zum Beispiel. Im Endeffekt bin ich wohl davongezogen, weil ich die Möglichkeit hatte, mehr Turniere zu spielen als die beiden.


K: An welche Ereignisse aus Deiner Zeit beim SV Herzogenrath, sei es schachlicher Art oder das Vereinsleben allgemein betreffend, erinnerst Du Dich gerne?

C: Als erstes fällt mir da natürlich das Jugendtraining ein, das mir damals besonders viel Freude bereitet hatte. Ich habe relativ schnell Freunde im Verein gefunden. Ich denke, dass Schach daher auch aus sozialer Sicht eine sehr wichtige und tolle Sportart ist. Man lernt nicht nur Leute in seinem, sondern in jedem Alter kennen und respektieren. Auch die Veranstaltungen, wie Vereinsmeisterschaften, Grillfeste etc. haben mir immer Spaß gemacht. Alle Vereinsmitglieder waren immer sehr nett zu mir, und das Vereinsleben war sehr aktiv. Man hatte immer jemanden zum Spielen.


K: 2002 wurdest Du in die I. Mannschaft berufen und im folgenden Jahr ans erste Brett befördert. Wie wurdest Du in Deiner Rolle als 16jähriger Spitzenspieler von den älteren Mannschaftskameraden akzeptiert?

C: Ich denke, dass meine Mannschaftskameraden mich damals alle akzeptiert haben und froh gewesen sind, dass ich an Brett 1 spiele, weil sie wussten, dass ich alles geben würde und mich vielleicht noch weiterentwickeln könnte. Mich persönlich hatte es natürlich stolz gemacht, das Brett 1 des Herzogenrather Vereins zu sein, ich habe dort für mich eine große Verantwortung übernommen. Die andere Sache war die, dass es unseren Schachfreund Daniel Fischer leider beruflich ins Ausland geschlagen hatte, denn er war immer ein sehr gutes erstes Brett und in der Jugend das Herzogenrather Vorbild für mich.


K: 2009 wechseltest Du den Verein, zunächst zum Aachener SV, dann zu Aufwärts Aachen. Wann ist Deiner Meinung nach der richtige Zeitpunkt für einen ambitionierten Spieler, den Verein zu wechseln, und was hat der Vereinswechsel Dir persönlich gebracht?

C: Tja, eine gute Frage... ich denke der richtige Zeitpunkt hat nicht nur etwas mit dem schachlichen Können zu tun, auch andere Dinge spielen dabei eine Rolle. Als ich 2007 ein Angebot von Lohmar (2. Bundesliga) und 2008 vom ASV (NRW-Liga) bekam, hatte ich mein Abitur noch nicht, auch die alten Schachkameraden mochte ich natürlich nicht vermissen. 2009 war für mich der richtige Zeitpunkt zum Wechsel. Übrigens brachte mich nicht nur der Wechsel zum ASV weiter, ich bin damals auch in Eynatten und Voerendaal eingetreten und habe dort 1.Divison gespielt. Um aber konkret auf die Frage zu antworten: Ich denke man sollte dann wechseln, wenn man keine Perspektiven mehr sieht, sich weiterentwickeln zu können (vorausgesetzt man möchte dies) und wenn die Schule dadurch nicht in Mitleidenschaft gezogen wird. Mir hat der Wechsel gebracht, dass ich gegen stärkere Gegner spielen durfte (2.Bundesliga und 1. Ligen in den Niederlanden und Belgien) und dadurch auch viele Elo-Partien hatte. Ich wurde durch das hohe schachliche Niveau meiner Gegner mehr gefördert und habe mich innerhalb einer Saison immer wieder weiterentwickelt.


K: Du galtest früher als etwas trainingsfaules Naturtalent. Sind Deine Erfolge im letzten Jahr auch auf eine veränderte Herangehensweise an die Wettkampfvorbereitung zurückzuführen?

C: Also das ist wohl wahr, dass ich trainingsfaul gewesen bin . Aber ich muss den Verein da leider enttäuschen, ich bin leider immer noch faul, nur nicht mehr so faul wie damals . Ich lese jetzt manchmal Seiten aus Schachbüchern, überprüfe Varianten, versuche "Neuerungen" zu finden. Das Wichtigste für meine Entwicklung ist jedoch nicht unbedingt das Training, sondern, dass ich viele Partien gegen starke Gegner spiele. Ich konzentriere mich mittlerweile auch sehr auf meine Partiem und blitze sie nicht runter, wie damals. Nun bereite ich mich auf fast jede Partie vor und fast jede Partie (zumindest ein wenig) nach. Ich setze mir da allerdings keine Zeiten, wann ich trainiere, sondern ich mache das nur, wenn ich Lust dazu habe.


K: Mittlerweile bist Du auch als Kinder- und Jugendtrainer aktiv. Welche Methoden hältst Du für besonders geeignet, jungen Menschen taktisches und strategisches Verständnis zu vermitteln?

C: Ja, das Jugendtraining macht mir auch viel Freude. Wenn ich jemandem Training gebe, dann ist es mir sehr wichtig, dass man auch Sympathie/ eine "Beziehung" zueinander entwickelt. Gerade zu den jungen Jugendlichen hat man oftmals einen besseren Zugang und sogar eine Vorbildrolle, hat daher pädagogisch einen gewissen Einfluss auf das Kind. Mein Training ist immer sehr vielseitig... Ich versuche bei meinem Schüler herauszufinden, wo er seine größten Schwächen hat. Daran möchte man dann mit dem jeweiligen Kind arbeiten. Es bekommt von mir Taktikaufgaben, Endspiele, ein gesundes Eröffnungsrepertoire und ich erkläre ihm natürlich auch die Pläne einer Eröffnung, die Motive von Fallen und Kombinationen. Auch Bauernstrukturen nehmen da einen besonderen Platz ein. Wenn es möglich ist, sollte man den Jugendlichen manchmal versuchen Eselsbrücken zu bauen, oder Anekdoten geben, dann merken die sich das besser (zumindest ist es bei mir so gewesen ). Sehr wichtig ist es natürlich, aus den Fehlern zu lernen und daher halte ich Partieanalysen immer für sehr sinnvoll. Dabei sind immer viele Elemente des Trainings enthalten.


K: Was sind Deine sportlichen Pläne und Ziele für die nähere Zukunft? C: Also mein bisheriges Ziel habe ich letztes Wochenende zum Glück endlich erreicht. Jetzt schaue ich entspannt dem nächsten potentiellen Ziel entgegen. Mein Wunsch wäre es, einmal 2500 Elo (und vielleicht den GM-Titel) zu bekommen und diese vielleicht sogar einen Zeitraum lang zu halten, aber sowas ist sehr schwer, wenn man es neben Studium und Arbeit betreibt. Aber dennoch bin ich bereit, auch für diesen Traum etwas Zeit zu investieren und an mir zu arbeiten. Das nächste große Turnier sollte die Europameisterschaft im kommenden März sein, aber vorher könnte im August noch die Weltmeisterschaft der Universitäten anstehen, das weiß ich aber noch nicht genau. Was ich dieses Jahr sonst noch mitspielen werde, hängt von den Konditionen und meiner Freizeit ab.


K: Ich wünsche Dir dabei weiterhin viel Erfolg und würde mich freuen, Dich bald mal wieder bei einem Open zu treffen. Vielen Dank für die Beantwortung meiner Fragen.