Sommerschach III: Cesta do Prahy
Geschrieben von Klaus K. Haverkamp am 17.08.2014 um 08:14
Mein neuntägiger Aufenthalt in Prag war sehr lohnend, zumindest was die Spaziergänge und Besichtigungen (Kafka-Museum, Andy-Warhol-Ausstellung, Zoo, Burg mit Spielzeugmuseum, Pulverturm) und die Restaurants mit traditioneller tschechischer Küche angeht. Weniger lohnend war das schachliche Rahmenprogramm, das Prager Sommeropen.

In den Runden 2 und 4 traf ich mit Schwarz auf russische IM-Veteranen. Gegen den ersten versuchte ich einen zweifelhaften Eröffnungszug, der in der aktuellen NiC-Ausgabe untersucht (wenn auch nicht gerade empfohlen) wurde und den der Weltmeister kürzlich (spaßeshalber?) im Blitzen anwandte. Das Experiment war kein Erfolg, aber auch kein totales Desaster: ich konnte längere Zeit kämpfen und halbwegs im Spiel bleiben, erlangte aber niemals Ausgleich. Gegen den zweiten hingegen kam ich mit klarem Vorteil aus der Eröffnung. In der Folge verschmähte ich konsequent alle remislichen Fortsetzungen, fand aber auch nicht die Züge, die den Vorteil festgehalten oder ausgebaut hätten. Als ich, immer noch im Gewinnsinne, dem Abtausch eines gegnerischen Freibauern auswich, um mich später um ihn zu kümmern, stand ich überraschenderweise schon verloren. Bis hier war es nur etwas schade; was mir in den nächsten beiden Runden widerfuhr, war schon bedenklicher. Einen jungen Tschechen wollte ich taktisch abfertigen, hatte aber viel zu schlampig gerechnet. Nach dem korrekten Gegenschlag hatte ich ein verlorenes Endspiel. Gegen einen jungen Deutschen lehnte ich bei knapper Zeit in etwas schlechterer Stellung remis ab, um kurz darauf zu erkennen, daß mich beim geplanten Fortgang ein Matt unter Damenopfer ereilen konnte. Ich bin keineswegs sicher, daß mein Gegner das sah, aber ich wollte es nicht darauf ankommen lassen - obwohl die einzige Alternative (mit dem König ins freie Feld zu laufen) auch nichts Gutes verhieß und auf prosaische Weise zu demselben Ergebnis führte. In der vorletzten Runde bewahrheitete sich dann die alte Weisheit, daß schlecht verlaufende Turniere zum Ende hin nicht besser werden. Bei abermals knapper Zeit konnte ich mit meinem angegriffenen Turm einen Bauern nehmen mit aussichtsreicher Stellung, als mir ein vermeintlich noch stärkerer Zug in den Sinn kam, wobei ich allerdings nicht mehr an den hängenden Turm dachte. Es ist zu erwarten, daß ich beim nächsten Turnier in einer anderen Elo-Kategorie spiele...

Mein Reisepartner Dirk erreichte ein Ergebnis im Rahmen seiner Erwartungen. Für seine drei Siege benötigte er kurioserweise nur 7, 11 und 13 Züge.

Endstand:
1. FM David Fitzsimons [IRL] 7,5/9
2. IM Boris Maryasin [ISR] 7,5
62. Dirk Angermünde [GER] 5 (+3 =4 -2)
122. Klaus Haverkamp [GER] 4 (+4 -5)

9 Runden Schweize System, 178 Teilnehmer, 11 IM, 1 WIM, 8 FM, Tabelle
( )